Shelter, Installation, Erlöserkirche 2019


„Ist da nicht jemand, der für uns da ist, im Verborgenen? Der uns mit Ästen und Reisig und ein wenig Moos eine Hütte baut?
Ist da nicht Heimat im Nichts? Ist da nicht Sinn?“

Aus der Predigt von Pfarrer Gerson Raabe am Kunstgottesdienst zur Eröffnung der Installation

 

shelter

Unterschlupf für ein wildes Wesen

Installation I 2019
Material: Reisig
Erlöserkirche, München

dwelling  for a „wild being“
Installation I 2019
material: twigs
Erlöserkirche, Munich

 

 

Text: Der Unterschlupf des wilden Wesens

Das von mir seit zwei Jahre beobachtete „wilde Wesen“ („uncharted wild being“) verirrt sich in die Innenstadt Münchens – in unsere Zivilisation – in der es völlig verloren ist. Es baut sich in der Apsis der Erlöserkirche einen Unterschlupf, wird aber selbst nicht sichtbar sein.

Ob das Wesen sich dort nur Nachts dort aufhält oder schon wieder weitergezogen ist, soll offen bleiben. Die Konstruktion wird fremd aber nicht unbedingt störend in diesem Raum komplett gestalteten und kontrollierten wirken. Vielleicht erinnert sie an ein Schwalbennest, das von der friedlichen Koexistenz von Mensch und Natur zeugt.

Menschen, die in die Kirche kommen und auf die Installation stoßen, mögen sich folgende Fragen stellen: Wer oder was sucht Unterschlupf? Ist es Zufall, dass dies in einer Kirche geschieht – einem Raum der über Jahrhunderte hinweg Menschen Asyl und Schutz gewährte?

Ist das schutzsuchende Wesen Tier oder Mensch?

Das „uncharted wild being“ ist aus einer intensiven Auseinandersetzung mit meinem Verhältnis zur Wildnis in mir, zur Natur und meinen Wurzeln entstanden. Die Arbeit stellt dieses Verhältnis infrage und untersucht es auf verschiedenen Ebenen.

Inwieweit bin ich und sind wir in Kontakt mit unserer Natur und der Natur an sich? Diese Verbindung ist der unmittelbare Kontakt zu allem was uns umgibt – sei es zur Natur aber auch zur Gemeinschaft aller Menschen. Daher ist der Kirchenraum ein sehr passender und auch immer wieder beanspruchten Raum für Schutzsuchende.

text: shelter for the uncharted wild being

Since a couple of years I am trying to get close to an „uncharted wild being“. I follow it trough the night, in the woods and on the fringes between civilisation and the woods. In the Erlöserkirche I discovered a shelter it has built for itself, right in the middle of the church. I dont know whether it sleeps there at night or has already left altogether. People who visit the church might ask themselves: What or who is living in this shelter? Is it an animal or a homeless person? And is it a coincidence that this is built in a church, a place people were seeking for asylum since centuries?

This work is the result of an ongoing investigation into the relationship of us humans and our own wild inner nature, and nature as a whole (as often seen falsely as something existing outside and disconnected from ourselves). I was asking myself: Am I in full contact with both sides, the inner and the outer aspects? A church seemed to be a very appropriate space to explore these topics.