Bardo, Performance im Mundinnenraum mit live Sound (Michael Northam) und live Videoübertragung (Maria Rilz)

 

„Judith Egger spielt mit ihrer Performance „Bardo – Topographie des Zwischenraums“ auf einen Begriff aus dem Tibetischen Totenbuch an: Bardo meint den Schwebezustand zwischen Leben und Tod, Hoffnung und Trauer, Innen und Außen. Für die Künstlerin ist die Mundhöhle ein perfekter Ort des Übergangs. Eine Passage für Atem, Nahrung, Worte und Töne.“ (Agnes Dabrowski, art investor)

„Musik-Theater ist Theater, das von der Musik aus gedacht wird. Die verwendeten Elemente können dabei losgelöst von jeglichen rein musikalischen Erwartungshaltungen
bildnerischer, performativer und textlicher Natur sein. Die Komposition der einzelnen Elemente und ihre Entwicklung folgen dabei einer musikalischen Logik: einer Logik, die sich aus der Intuition, Ausbildung und Erfahrung des Musikers speist. Wenn nun eine bildende Künstlerin wie Judith Egger den ursprünglichsten aller musikalischen Resonanzräume, nämlich die menschliche Mundhöhle, als Bühnenraum bespielen möchte, dann ist dies Musik-Theater in Reinstform.“
(Aus der Jurybegründung für den Musikpreis des Kulturreferats München, 2012)

 

Bardo

Performance I 2012
Idee und Realisation: Judith Egger
Sound: Michael Northam
Kamera: Maria Rilz
MUG München
ausgezeichnet mit dem Musikpreis 2012, LH München

Performance I 2012
Idea and realistaion: Judith Egger
Sound: Michael Northam
Camera: Maria Rilz
MUG Munich
awarded with the „Musikpreis 2012“, City of Munich

BARDO - Topographie des Zwischenraumes
Mystisch, rätselhaft und bildgewaltig: So lässt sich die Performance „Bardo“ von Judith Egger beschreiben, die um Zustände des Dazwischen, des transitorischen Übergangs, kreist. Der Begriff „Bardo“ bezieht sich auf das Tibetische Totenbuch (Bardo Thödol: „Befreien durch Hören im Zwischenzustand“), eine Sammlung von buddhistischen Sutras aus dem 8. Jahrhundert. Die Schrift thematisiert das Intervall von Tod und Wiedergeburt, bei dem verschiedene Seinszustände erreicht werden.
Die damit einhergehenden „Lücken“ oder Schwebezustände beschränken sich jedoch nicht auf die Zeit nach dem Tod, sondern sind ein essentieller Bestandteil des Lebens selbst. In ihrer eigenen Mundhöhle – einem sensiblen Ort zwischen Innen und Außen, an dem nicht nur Atem und Klang aus dem Körper dringen, sondern auch Kommunikation entsteht – stellt Judith Egger dreidimensionale „Miniaturräume“ aus. Der geöffnete Mund wird zur Bühne, zum Schaukasten, der verschiedene Szenerien offenbart. Diese werden live vom Klangkünstler und Komponisten Michael Northam (USA) begleitet und von der Kamerafrau Maria Rilz (D) auf eine Großleinwand übertragen. Dabei werden Laute aus dem Mundinnenraum der Künstlerin in den Sound integriert. Obgleich die in der Mundhöhle platzierten Miniatuchitekturen verlassen sind und auf den ersten Blick eher statisch wirken, deuten beispielsweise das Flackern eines Fernsehers im Wohnzimmer oder das Sushi-Förderband im Restaurant auf Bewegung hin. So wie sich auch die schäumende Gischt in einer Felsenhöhle dem Stillstand verweigert, scheint das sprudelnde Wasser eines Springbrunnens den Kreislauf des Lebens nachzuahmen. Die Künstlerin kreiert mittels unterschiedlicher Szenerien Momente der Kontemplation und Stille, die jedoch gleichzeitig Umbruch und Veränderung antizipieren. Was jenseits dieser Zwischenräume passiert, bleibt ungewiss.
Text von Nadine Seligmann
BARDO - topographie of the space between
Mystic, enigmatic and visually stunning: This is how Judith Egger’s performance “Bardo” can be described. Circling around states of the in-between and of transition, the term “bardo” refers to the Tibetan Book of the Dead (Bardo Thodol: “Liberation Through Hearing During The Intermediate State”), a collection of Buddhist sutras from the 8th century. The text focuses on the interval between death and rebirth in which different states of consciousness are achieved. These “gaps” or phases of uncertainty can not only be experienced after death but are an essential part of life itself.
Judith Egger establishes three-dimensional miniature settings in her oral cavity – a sensitive place between inside and outside where not only breath and sound leave the body, but communication is generated. The open mouth becomes a stage, a theater revealing various scenes. These will be accompanied live by Munich-based composer and musician Axel Nitz and transferred onto the big screen by cinematographer Maria Rilz. Thereby, sounds from the interior of the artist’s mouth will be integrated into the performance.
Although the miniature architectures placed inside Judith Egger’s oral cavity appear to be deserted and rather static, the flickering of a TV set in a living room and the sushi conveyor belt at a restaurant show some movement. The foaming froth inside a cave refuses stagnation as much as the sparkling water of a fountain symbolizes the circle of life. The artist creates moments of contemplation and tranquility through different scenes anticipating change at the same time. What happens beyond these intermediate spaces remains uncertain.
Processes of becoming, growth, transformation, intervention but also of decay are central to Judith Egger’s artistic work. In performances, installations, objects and drawings she explores – often in dialogue with different scientific disciplines – the changing conditions of organic, artificial or spiritual origin.
Nadine Seligmann

Technik/technical details

Technik
1 Kamera, Videoprojector, sound equipment,
Bühneneinbauten: Wasserpumpe, Elektrische Lampe (Parkbank) mit Dimmer, Motor für den „running sushi“-Tisch, Bergwerkslampen, Fernsehattrappe
Material (der Mund-Bühnenbilder)
Holz (Zahnstocher und Schaschlikspieße), Wasser, Schläuche, Styropor, künstlicher Schnee, Pflanzenattrappen usw.

Technical equipment:
1 video camera
sound equipment
projector
Materials (for the mouth-stages) range from wood, foam, grass, styrofoam, tubes, water, mini-motor (for the running-sushi scene) , a fake TV, fake plants, artifical snow etc., electrical light bulbs

Presse / press

 

Stadt im Quadrat, Artikel über die Förderpreise 2013 von Viktoria Grossmann, Süddeutsche Zeitung
Mündige Entscheidung, von Agnes Dabrowski, artinvestor no04/13
Bardo, Kulturticker, APPLAUS, Oktober 2012
Favoriten der Redaktion, Münchner Feuilleton, Oktober 2012

 

BARDO wurde 2013 erneut in der Galerie Esther Donatz/München aufgeführt. Diesmal mit Axel Nitz als Soundkünstler und wieder mit Maria Rilz als Kamerafrau.
Die Filmdokumentation „BARDO“ wurde in der Ausstellung „Singing Sculptures“ in der Rathausgallerie/Kunsthalle München, 2014 sowie in der Ausstellung Förderpreise Bildenende Kunst, Lothringer 13, 2013 gezeigt.