HUNDUN, Performance und Installation, Biennale für Musiktheater 2017

„Diese Installation ist ein synästhetisches Erlebnis: unförmig, imposant, bestückt mit den verschiedensten Materialien aus Alltagskultur und mystischer Vorzeit. Wie sollen wir mit diesem großen Unbewussten umgehen, das für sich selbst im Raum pulsiert? Ist es außerirdisch? Ein Musikinstrument? Verwesung? Wie reagieren wir auf seine Freundlichkeit? Auf welche Fährten weist es uns?“

(Petra Weigle, Institut für moderne Kunst Nürnberg)

Hundun

Performance und Installation I 2016
Idee und Realisation: Judith Egger
Sound: Neele Hülcker
Münchener Biennale für neues Musiktheater, Muffatwerk München

Performance and Installation I 2016
Idea and realistaion: Judith Egger
Sound: Neele Hülcker
Munich Biennale – Festival of New Music Theatre, Muffatwerk Munich

 

 

Text: Tod des Unterbewussten

Hundun* lebte sein makelloses und ewiges Leben im Zentrum der Welt. Er bekam regelmäßig Besuch von den Herren des Südmeeres, Shu, und des Nordmeeres, Hu. Da er ihnen immer große Gastfreundschaft gewährte, beschlossen sie, ihm im Gegenzug etwas Gutes zu tun. Sie sagten sich: »Alle Menschen verfügen über sieben Körperöffnungen – zum Sehen, Hören, Essen und Atmen. Doch der große Hundun verfügt über keine einzige Öffnung, deshalb wollen wir ihm welche zufügen.« Hundun nahm den Vorschlag begeistert an. So bohrten sie ihm Tag für Tag eine Öffnung in den Körper. Am siebten Tag aber, als sie die siebte Körperöffnung zu Ende gebohrt hatten, verstarb Hundun. **
Ist nun der große, unförmige Körper der im Halbdunkel an dicken Seilen von der Decke baumelt, der sterbliche Überrest des großen Herrschers Hundun? Spärlich beleuchtet in einer geheimen Laborsituation wird er von zwei Personen akribisch abgetastet und erforscht: Neele Hülcker untersucht die Oberfläche und die Körperöffnungen mit hochsensiblen Mikrophonen und tritt so eine akustische Entdeckungsreise an. Ähnlich verfährt Judith Egger, die mit unterschiedlichen Bildgebungsverfahren den Körper äußerlich und innerlich abtastet und durchleuchtet und so in eine ganz neue visuelle Welt eintaucht. Es entsteht ein synästhetischer Dialog, in dem sich ganz neue Assoziationsräume auftun.



* Hundun 混沌 (in klassischen Texten 渾沌, auch 渾敦), steht in der chinesischen Mythologie für das Konzept der urzeitlichen Formlosigkeit und den Zustand der paradiesischen Ungetrenntheit vor dem Beginn der Welt. 

 * * Aus: Dschuang Dsi (das wahre Buch vom Südlichen Blütenland ), Buch VII, 7. Geschichte, Übersetzung Richard Wilhelm
 

text: death of the uncoscious

Hundun* lived his flawless and eternal life at the center of the world. He received regular visits from the master of the South Sea, Shu, and the master of the North Sea, Hu.
As he was always a gracious and hospitable host to them they decided to do something kind for him in return. They said to one another: »Every human has seven orifices – 
to see, hear, eat, and breathe. But the great Hundun doesn‘t have one single orifice, and therefore we want to give him some.«
Hundun accepted this suggestion with enthusiasm. And so they drilled an orifice in him one day after another. But on the seventh day, when they finished drilling the seventh orifice, Hundun died.«**
Is the large, misshapen body that is now dangling on thick cords from the ceiling in semi-darkness the mortal remains of the great ruler Hundun? Sparsely lighted in a secret laboratory situation, two persons meticulously run their hands over him and examine him: Neele Hülcker explores the surfaces and the orifices with extremely sensitive microphones, setting out on an acoustic journey of discovery. Judith Egger works in a similar fashion, scanning and screening the exterior and interior of the body with different imaging processes, and in doing so she immerses herself in an entirely new visual world. A synthetic dialogue develops where completely new associations open up.
*refering to: Dschuang Dsi (das wahre Buch vom Südlichen Blütenland ), Buch VII, 7. Geschichte, published by Eugen Diederichs Verlag, 1969
**The names of the emperors Schu, Hu and Hun Dun are allegorical. Hundun represents in Chinese mythology the concept of primeval formlessness 
and the condition of paradisical inseparableness before the beginning of the world. (footnotes refering to book VII by Richard Wilhelm)

Technik/technical details

Technik
2 hochsensible Mikrophone, mit denen die Oberfläche des Objekts abgetastet wurde und deren Klang auf die Funkkopfhörer des Publikums übertragen werden.
3 Videomonitore, auf denen die Bilder der endoskopischen Untersuchung zu sehen sind.
1 Projektion, die die Ultraschallbilder der Untersuchung der „Eingeweide“ zeigt.
Material
Holz, Schaumstoff, Silikon, getrocknete Gräser, Blätter und Blumen, Ultraschallgerät, Verpackungschips, Rinde, Plastikschläuche, Strumpfhosen, Plastikstrohhalme, Erde, Rindenmulch, Wasser usw.

Technical equipment:
2 very sensitive microphones
3 video monitors to show the real-time endoscopic excursion
1 projection showning the result of the ultrasonic examination

Materials range from wood, foam, grass, dried flowers, metallic egg-cutter, ultrasonic device, endoskopic camera, balloons and tentacles, plastic straws, styrofoam etc.

Presse / press

 

Haarige Angelegenheit, SRF Schweizer Radio und Fernsehen / Artikel von Cécile Olshausen vom

Gesamtkunstwerk mit Wolpertingerwisent, von Reinhard J. Brembeck, Süddeutsche Zeitung, 7. Juni 2016,
Ein Resümée der Münchner Biennale für Musiktheater

THIS IS NO HUNDUN, Interview von Olympia Contopidis und Joshua Groß (Iinstitut für moderne Kunst Nürnberg) mit Jenny Schäfer (Künstlerin) und Judith Egger auf dem Kunstblog „Die Lücke“

Die mysteriöse Installation Hundun von Judith Egger, von Natalie de Ligt, CURT MAGAZIN; Nürnberg, 7.8.2017

24.06.2017

 

HUNDUN wurde im Dezember 2016 in der Ausstellung „In Ewigkeit“, Galerie der DG, Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst e.V., München sowie 2017 im Institut für moderne Kunst Nürnberg, Defethaus, Nürnberg gezeigt.
HUNDUN has also been shown at „In Ewigkeit“, Galerie der DG, Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst e.V., Munich 2016,
as well as at the Institut für moderne Kunst Nürnberg, Defethaus, Nürnberg